Der heilige Rebell


LYX Verlag | All Saints High #2 | 9783736311954 | 456 Seiten | 12,90€ | Juli 2020
Nachdem mich der erste Teil dieser Reihe völlig gebannt hat, war ich voller freudiger Erwartung auf Band 2. Nicht nur, weil es L. J. Shen ist, sondern weil es um Luna, also Trents Tochter aus dem dritten Teil der „Sinners of Saint“-Reihe geht. Ich war schon damals beim Lesen von „Scandal Love“ total vernarrt in die Kleine. Außerdem ist Knight Cole, also der Sohn von Dean und Rosie, ihr Love Intrest und bester Freund. Wer mir folgt, weiß, dass ich ein großer Fan von Friends-to-Lovers-Geschichten bin. Ihr könnt euch also vorstellen, wie ich kleiner aufgeregter Flummi umhergehüpft bin, als ich das Buch endlich in Händen hielt.
Luna spricht seit frühster Kindheit nicht, was ihren Nachbar Knight Cole nicht davon abhält, ihr bester Freund zu werden. Er ist ihr Ritter, sie ist seine Prinzessin. Doch aus den freundschaftlichen Gefühlen werden mit jedem verstrichenen Jahr Gefühle, die tiefer gehen und in dem Wissen münden, dass sie einander irgendwann heiraten würden. Aber Knight hat einen eindeutigen Ruf bei den Frauen, den Luna nicht ignorieren kann. Als sie sich entscheidet, aus Todos Santos wegzugehen, um zu studieren, stellt sie sich vor die größte Herausforderung ihres Lebens und ihre Beziehung zu Knight auf eine gewaltige Geduldsprobe. Viel geschieht, das beide nicht mehr ungeschehen machen können und es stellt sich die Frage, ob ihre Gefühle wirklich so stark sind, wie sie immer geglaubt haben…

„Ich liebe deinen Bruder und deinen Vater mehr als mich selbst. Ich würde für sie sterben, bis zum bitteren Ende um sie kämpfen, gegen die ganze Welt für sie angehen. Aber du […] Dich habe ich immer schon ein kleines bisschen mehr geliebt. Mein edler Rebell. Mein märchenhafter Rabauke, mein trauriger Prinz, mein unglaublicher Erlöser, mein wunderschöner gebrochener Ritter.“ – S. 297
In diesem Buch kommt viel Gutes und vor allem Herzzerreißendes zusammen, was mich berührt und zum Weinen gebracht hat. Natürlich sind wieder Szenen und Dialoge dabei, die ganz typisch für L.J. Shen sind und für mich an die Grenze des Aushaltbaren gehen, aber ab und an mag ich es ja auch ein wenig dreckig 😉 Lunas und Knights Geschichte ist etwas ganz besonderes, was auch mit den bereits erzählten Geschichten der Eltern zusammenhängt. Ab einem bestimmten Punkt des Buches wandelten sich die Tränchen der Rührung in einen wahren Wasserfall und die Taschentuchpackung war meine beste Freundin. Eine ebenso schreckliche wie auch immer wieder wundervolle Erfahrung.
Luna spricht nicht mehr, seit ihre Mutter sie verlassen hat, obwohl sie sie darum gebeten hat, es nicht zu tun. In ihr setzt sich der Gedanke fest, dass ihre Worte nichts nützen und sie entwickelt einen selektiven Mutismus. Trotz all der Liebe, die ihr Vater Trent und später seine Frau Edie und ihr kleiner Bruder über sie ausschütten, findet sie keinen Weg über die Blockade. Unter der Dusche traut sie sich, das Sprechen von Worten zu üben, die ihr gefallen. Ihr ist klar, dass sie sprechen kann, aber in den allerwenigsten Situationen kann sie es ausüben. Ich hatte von so einer Störung nie zuvor gehört und war fasziniert und litt gleichzeitig mit der jungen Luna. Die Autorin hat mit ihrer präzisen Recherchearbeit wieder eine Figur geschaffen, die eine unglaubliche Tiefe und damit Nachvollziehbarkeit und Authentizität hat. Gleichzeitig macht sie auf eine Krankheit aufmerksam, die des Öfteren bei Kindern auftreten kann. Lunas Geschichte erzählt realitätsnah, wie sich diese Störung entwickelt und manifestiert und wie schwer es ist, gegen sie anzukommen. Dank ihres wundervollen Umfelds hatte Luna die Chance, sich zu einer willensstarken und liebevollen jungen Frau zu entwickeln, die zwar etwas unsicher ist, aber weiß, dass sie mit Rückenwind alles schaffen kann. Sie braucht nur ab und an einen Schubs in die richtige Richtung. Ein fester Bestandteil ihres Lebens ist Knight, ihr Nachbar, bester Freund und ihre erste – mehr oder weniger – heimliche Liebe. So sehr er sie unterstützt, auf Händen trägt und liebt – ihre Beziehung läuft nicht gradlinig. Knight hat den Ruf eines absoluten Frauenhelden, der nichts anbrennen lässt. Das verunsichert sie und gleichzeitig möchte sie ihre Freundschaft nicht gefährden. Es ist zum Mäuschen melken, kann ich euch sagen! Immer wieder werden von Küssen gesprochen, die zwar die Welt aus den Angeln heben, aber immer wieder finden die beiden Gründe, nicht zueinander zu finden. Schön ist, dass die Gründe nicht lapidar sind, sondern eng mit dem verbunden sind, was Luna in ihrer Vergangenheit für Erfahrungen gemacht hat. Und weil sie auf nichts hoffen möchte, was vielleicht niemals geschieht, lässt sie sich darauf ein, ihre Heimat zu verlassen. Jedes Puzzlesteinchen ergibt Sinn und passt perfekt zueinander, sodass die Geschichte nicht konstruiert wirkt. Das ist wahres Talent und begeistert mich immer wieder. Und es raubt mir – im ganz positiven Sinne – den letzten Nerv! 🙂
Knight Cole ist der Adoptivsohn von Rosie und Dean Cole. Rosie leidet an Mukoviszidose, die nun ihren Tribut fordert. Es ist klar, dass sie bald sterben wird. Das ist für die ganze Familie ein schwieriges Unterfangen und es war für mich kaum aushaltbar, zu verfolgen, wie sehr Dean litt – ich habe noch genau die Geschichte aus „Twisted Love“ im Kopf und wollte schon damals nicht, dass Rosie diese doofe Krankheit hat. Und nun würde es zu Ende gehen. Furchtbar! Besonderer Fokus liegt jedoch auf Knight, der nur schlecht mit den Emotionen umgehen kann, die der bevorstehende Tod seiner Mutter in ihm auslösen. Hinzu kommen seine Unsicherheiten gegenüber Luna, die er liebt, die ihm aber widersprüchliche Signale sendet. Außerdem meldet sich überraschend seine leibliche Mutter, die er weder braucht noch in seinem Leben haben möchte. Er stürzt sich in den Alkohol und schützt sich mit seiner Arschlochmaske. Ich mag es zwar nicht, wenn Charaktere in die Drogensucht abrutschen und das dann die Ausrede für alles wird, aber auch hier kann ich die Entwicklung verstehen. Knight ist 17 und wird die Mutter, die er liebt, verlieren; bekommt eine Mutter vorgesetzt, die ihn weggegeben hat und liebt eine Frau, die ihn anscheinend nicht zurückliebt. Da kann man als Teenie schon mal durchdrehen und zur Flasche greifen, um dem Emotionschaos zu entgehen. Es ist nachvollziehbar, trotzdem gefällt es mir nicht. So einiges hätte sich mal wieder klären können, wenn die Hauptakteure den Mund aufgemacht hätten, aber nun gut, sonst ist es ja auch langweilig… Ohne viel zu verraten, möchte ich sagen, dass mich Rosie zerstört hat und ich irgendwann kaum noch das Buch gesehen habe, weil ich so viel weinen musste. Die Entwicklungen mit Dean und der Anderen finde ich gut und scheiße zugleich. Auf jeden Fall hoffe ich, dass das, was im Epilog gesagt wird, nicht alles ist, was ich dazu erfahre!
„Der Rebell“ ist wieder eine rundum ausgeklügelte, frivole, emotionale und tiefgründige Geschichte, die mich auf dem Lesesessel gefesselt hat. Wieder mal steckt viel mehr zwischen den Buchdeckeln, als das knuffige Cover und der Klappentext verraten. Ich kann nicht genug von den „Heiligen“ bekommen und freue mich auf jedes Buch mehr.
Wie hat dir „Der Rebell“ gefallen? Lass mir gern einen Kommentar da!
Danke fürs Lesen!
Bis zum nächsten Mal,
L🖤L
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